Deutschland weist eine ausgeprägte dezentrale Struktur auf: eine Vielzahl von großen, mittleren und kleinen Städten ist über das gesamte Bundesgebiet verteilt. Jede Stadt ist ein Versorgungszentrum für ihren jeweiligen Einzugsbereich. Diese Struktur hat sich als erfolgreich und – soweit bislang ersichtlich - auch in der Corona-Pandemie als krisenfest bewährt: Die Gemeinden und Regionen haben im Vergleich zu zentralistischen Staaten eine große Autonomie und können schnell, passgenau und abgestimmt handeln; die flächendeckende Versorgung mit Kreiskrankenhäusern, Ärzten und Apotheken hat in der Corona-Pandemie dazu beigetragen, die Sterberaten gering zu halten.
Diese dezentrale Struktur Deutschlands ist historisch gewachsen und landschaftlich bedingt und wird aktiv durch die Raumordnung erhalten und gefördert.
Das Raumordnungsgesetz definiert in § 2 den Grundsatz, in ganz Deutschland ausgeglichene soziale, infrastrukturelle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben. Dazu soll die Versorgung der Bevölkerung durch eine Bündelung der für das Leben notwendigen Einrichtungen an einem gut erreichbaren Ort gewährleistet werden: diese örtliche Bündelung steht hinter der Idee der „Zentralen Orte“. Die Bewohner einer Region sollen möglichst alles Lebensnotwendige an einem Ort gut erreichen können – also nicht wegen Seife nach A, wegen Arzt nach B und wegen Schule nach C fahren müssen. Sinngemäß bedeutet dies, dass die "Fläche" durch entsprechend ausgestattete, aus ihrem Umland erreichbare Orte mit all den Einrichtungen versorgt wird, die Chancengleichheit und Entwicklung für alle Bürger sicherstellen: z. B. technische Infrastruktur (u.a. Wasser, Strom, Abfall- und Entsorgung, Verkehrsanschluss) und soziale Infrastruktur (u.a. Lebensmittelläden, Zugang zu Bildung, Zugang zu medizinischer Versorgung, Pflege usw.)
Die Länder weisen in ihren Landesentwicklungsplänen ausgewählte Städte und Gemeinden als zentrale Orte oberer und mittlerer Stufe aus und ordnen ihnen dazu passend einen Ausstattungskatalog zu: ein durch die Träger der Regionalplanung festzulegendes Grundzentrum hat die elementare Ausstattung und ist für ein räumlich begrenztes Gebiet (die Raumordnung spricht von "Verflechtungsbereich") zuständig; ein Mittelzentrum hat auch speziellere Dinge im Angebot und versorgt Menschen in einem weiteren Radius; in einem Oberzentrum sind dann auch Dinge von überregionaler Bedeutung zu finden, etwa eine Universität oder eine Oper, was wiederum verbunden sein muss mit einem guten überregionalen verkehrlichen und ÖPNV Anschluss für den Verflechtungsbereich.
Die zentralen Orte versorgen also ihre eigenen Einwohner und die in ihrem Einzugs- bzw. Verflechtungsbereich. Je nach zentralörtlicher Hierarchie haben Ober-, Mittel- und Grundzenten unterschiedliche Angebote. Die Länder und Regionen legen dies für ihre Gemeinden in eigener Zuständigkeit fest. Zentrale Orte sind Versorgungsanker in ihrer Region und ergänzen sich in ihrem Angebot idealerweise zu einem bundesweiten Versorgungsnetz ohne größere Lücken. Im Grundsatz gilt: Je höher die Zentralitätsstufe, umso größer der Einzugsbereich der jeweiligen Funktion.
Ein Anwendungsbeispiel: das Bildungssystem. Ein Grundzentrum soll KITAs und Grundschulen vorhalten. Ein Mittelzentrum dazu noch ein Gymnasium. Ein Oberzentrum soll das alles plus Hochschulen und Fachakademien beherbergen. Dabei geht man vom Prinzip "kurze Beine, kurze Wege" aus: Gymnasiasten sind längere Schulwege zuzumuten als Erstklässlern.
Das Zentrale-Orte-Konzept ist ein Element zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse.