Ein Plan für das Meer
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Schifffahrt, Windkraft, Naturschutz ... - der Raumordnungsplan stellt sicher, dass bei der Nutzung von verfügbaren Flächen in Nordsee und Ostsee alle Interessen berücksichtigt werden.
Schifffahrt, Windkraft, Naturschutz ... - der Raumordnungsplan stellt sicher, dass bei der Nutzung von verfügbaren Flächen in Nordsee und Ostsee alle Interessen berücksichtigt werden.
In der sogenannten Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) in Nordsee und Ostsee müssen viele konkurrierende Interessen miteinander in Einklang gebracht werden. Um die räumlichen Konflikte zu begrenzen und möglichst viele unterschiedliche Interessen zu berücksichtigen, hat die Bundesregierung die seit 2009 geltenden Pläne für die Nutzung der AWZ angepasst. Der Raumordnungsplan ist am 1. September 2021 in Kraft treten.
Als ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) bezeichnet man das Meeresgebiet jenseits der 12-Seemeilen-Zone (wird auch als Küstenmeer bezeichnet) bis hin zu maximal 200 Seemeilen (bis zu 370 km) Entfernung von der Küste. Die AWZ gehört nicht zum Hoheitsgebiet des angrenzenden Küstenstaates, jedoch hat dieser exklusive Nutzungsrechte. Die Rechte und Pflichten der Küstenstaaten in der AWZ sind im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 geregelt, das am 16. November 1994 in Kraft getreten ist.
Wer darf die AWZ wie nutzen?
Die Nutzung der AWZ in der Nordsee und Ostsee ist für Deutschland lebensnotwendig, denn
- wir brauchen eine sichere Schifffahrt als Voraussetzung für den Wirtschaftsverkehr
- wir brauchen die Offshore-Windenergie für den Klimaschutz
- wir brauchen den Meeresnaturschutz für die Erhaltung des Ökosystems Meer.
Und es gibt noch viele weitere Nutzungen wie die Fischerei, die Verlegung von Kabeln und Rohrleitungen, die Rohstoffgewinnung, die Forschung, die militärische Nutzung sowie die Freizeitnutzung.
All diese verschiedenen Belange zeigen: In der begrenzt großen AWZ sind räumliche Konflikte unvermeidbar.
Seit die bisherigen Raumordnungspläne für die AWZ im Jahr 2009 beschlossen wurden, haben sich die tatsächlichen, die rechtlichen und die politischen Gegebenheiten weiterentwickelt.
- Tatsächlich haben viele Nutzungen und Funktionen der AWZ zugenommen.
- Rechtlich gibt es seit dem 23. Juli 2014 die europäische Richtlinie zur maritimen Raumordnung. Laut dieser Richtlinie muss ein Ökosystem-Ansatz Grundlage für bestehende Raumordnungspläne sein.
§ 1 Absatz 3 der EU-Richtlinie zur maritimen Raumordnung
"Im Rahmen der Meeresstrategien wird ein Ökosystem-Ansatz für die Steuerung menschlichen Handelns angewandt, der gewährleistet, dass die Gesamtbelastung durch diese Tätigkeiten auf ein Maß beschränkt bleibt, das mit der Erreichung eines guten Umweltzustands vereinbar ist, und dass die Fähigkeit der Meeresökosysteme, auf vom Menschen verursachte Veränderungen zu reagieren, nicht beeinträchtigt wird, und der gleichzeitig die nachhaltige Nutzung von Gütern und Dienstleistungen des Meeres heute und durch die künftigen Generationen ermöglicht." Mehr dazu
- Politisch will die Bundesregierung in der deutschen AWZ 30 Gigawatt (GW) Offshore-Windenergie bis 2030 installieren, und bis 2035 sogar 40 GW.
All diese Pläne und Interessen benötigen immer mehr Platz innerhalb der AWZ – das gilt besonders für die Offshore-Windenergie. Damit steigt die Konkurrenz um die verfügbare Meeresfläche.
Wie kann man die unterschiedlichen Interessen umweltverträglich miteinander in Einklang bringen? Die Bundesregierung hat diesen Prozess über die Raumordnung koordiniert, indem sie die Raumordnungspläne aus dem Jahr 2009 auf der Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung erneuert hat.
Wie funktioniert der Raumordnungsplan?
Der Raumordnungsplan koordiniert alle Belange im Planungsraum (in diesem Fall der AWZ). Hierzu trifft er Regelungen (sogenannte Festlegungen), um allen einzelnen Anliegen die bestmögliche Nutzung bei gleichzeitig minimaler Behinderung der konkurrierenden Interessen zu ermöglichen.
Der Raumordnungsplan reserviert Flächen für die einzelnen Nutzungen. Dabei gibt es zwei Gebietskategorien:
- "Vorranggebiete" dürfen nur von den als vorrangig festgelegten Nutzungen in Anspruch genommen werden. Alle anderen Aktivitäten, die damit nicht vereinbar sind, sind strikt ausgeschlossen.
- "Vorbehaltsgebiete" sollen ebenfalls nur von bestimmten Nutzungen in Anspruch genommen werden – hier können anderweitige Nutzungen aber im Einzelfall ausnahmsweise stattfinden.
So ermöglicht es der Raumordnungsplan, solche Interessen, die nicht miteinander kompatibel sind (wie zum Beispiel die Schifffahrt und die Windenergie), räumlich zu entzerren. Damit trägt er dazu bei, die (Planungs-) Sicherheit für die einzelnen Aktivitäten innerhalb der AWZ zu erhöhen.
Gleichzeitig ermöglicht der Raumordnungsplan die Mehrfachnutzung bestimmter Gebiete in der AWZ für solche Aktivitäten, die miteinander kompatibel sind (wie zum Beispiel Schifffahrt und Forschung). So sorgt er dafür, dass der begrenzte Raum der AWZ möglichst effizient genutzt werden kann.
Der Raumordnungsplan: Ausgleich der Interessen
Der Raumordnungsplan hat Vorteile für alle Nutzungen der AWZ.
- 15 Prozent der AWZ (teilweise in Mehrfachnutzung) werden als Gebiete für Windparks festgelegt; dies entspricht einer installierten Leistung von bis zu 43 Gigawatt (GW) Windenergie (bisherige Raumordnungspläne enthalten nur Gebiete für bis zu 12 GW)
- Festlegung weiterer Leitungskorridore zur Sicherung der Anbindung im Küstenmeer
Naturschutz
- Erstmals werden Gebiete für den Meeresnaturschutz ausgewiesen
- 44 Prozent der AWZ (teils in Mehrfachnutzung) werden als Gebiete für Naturschutz festgelegt. Dabei gehen die Gebiete für Seetaucher, Schweinswale und Vogelzug über die bestehenden fachrechtlichen Naturschutzgebiete hinaus. Zusätzlich werden Ausgleichsflächen geschaffen, weil einige Windenergieparks in Naturschutzgebieten vorgesehen sind
- 50 Prozent der AWZ (teils in Mehrfachnutzung) werden als Gebiete für Schifffahrt festgelegt. Davon sind etwa doppelt so viele als "Vorranggebiete" (Gebiete, in denen andere, nicht kompatible Nutzungen ausgeschlossen sind) ausgewiesen wie in den Raumordnungsplänen von 2009
- Die Schifffahrtsgebiete wurden an die aktuellen und zukünftigen Verkehrsrouten angepasst
Fischerei und Fischereiforschung
- Zum ersten Mal wird ein Gebiet für Fischerei ausgewiesen
- Ebenfalls zum ersten Mal wird die Erprobung der Ko-Nutzung von Fischerei und Windenergie festgelegt
Militärische Nutzung
- Zum ersten Mal werden militärische Übungsgebiete festgelegt
- Ebenfalls zum ersten Mal wird eine Durchfahrt durch Windparks geregelt
- Zum ersten Mal wird die Installation von Aufklärungsmitteln auf Windenergieanlagen festgelegt
Transparenz ist oberstes Gebot
Der Raumordnungsplan wurde transparent erstellt. Einzelheiten zum Verfahren der Planaufstellung finden Sie hier
Nachhaltige maritime Raumordnung
Die maritime Raumordnung trägt dazu bei, dass die Zukunft der Meere sich nicht nach dem Motto "der Stärkere gewinnt" ausrichtet, sondern als nachhaltige Entwicklung für zukünftige Generationen gestaltet werden kann. Diese nachhaltige Entwicklung in der AWZ ist wichtig für ganz Deutschland, denn die Nutzung des Meeres endet nicht einfach an der Küste. Sie strahlt vielmehr aus auf das ganze Land: Warenströme, Daten- und Energiekabel, Rohrleitungen, Rohstoffgewinnung etc. im Meer setzen sich an Land fort. Die nachhaltige Entwicklung der AWZ trägt dazu bei, die Menschen in ganz Deutschland mit Gütern und Dienstleistungen zu versorgen.
Ausgewählte Grundlagen für den neuen Raumordnungsplan
Ausgewählte Grundlagen für den neuen Raumordnungsplan (Auszüge aus dem Raumordnungsgesetz) finden Sie hier.