Klimaschutz in Gebäuden
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Weichenstellung für ein klimaneutrales Europa: EU-Green Deal und nationale Umsetzung im Gebäudesektor
European Green Deal
Im Dezember 2019 stellte die EU-Kommission mit dem "European Green Deal" einen Plan vor, welcher wirtschaftliches Wachstum und Klimaschutz miteinander verbinden soll. Diese Strategie ist der Beitrag der EU zum Pariser Klimaschutzübereinkommen und dem dort verankerten Ziel, die Erderwärmung gegenüber dem vorindustriellen Niveau auf deutlich unter 2 Grad Celsius und möglichst auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Die EU und alle Mitgliedstaaten haben das Pariser Abkommen ratifiziert.
Herzstück des "European Green Deals" ist das Europäische Klimagesetz ("European Climate Law"). Nach diesem Rahmengesetz muss die EU bis zum Jahr 2050 Klimaneutralität erreichen und bis 2030 ihre Nettotreibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken. Zur Verwirklichung dieses 55-Prozent-Ziels hat die EU ein umfassendes Gesetzes-Paket mit dem Titel "Fit for 55" beschlossen, welches bestehende EU-Rechtsakte novelliert und auch neue Gesetzinitiativen beinhaltet.
EU-Gebäuderichtlinie und EU-Energieeffizienzrichtlinie
Für den Bereich Gebäude ergeben sich insbesondere im Zuge der Novellierung der EU-Gebäuderichtlinie EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) und der Energieeffizienz-Richtlinie EED (Energy Efficiency Directive) verschärfte Anforderungen. Die EED betont u.a. die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand: Gem. Art. 5 und 6 EED ha-ben öffentliche Einrichtungen Energieeinsparungen zu erbringen und sind verpflichtet, einen bestimmten Anteil von Gebäuden in ihrem Eigentum zu sanieren. Die EPBD führt für den Bereich der Nichtwohngebäude Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden ein (Minimum Energy Performance Standards, MEPS). Für Wohngebäude liegt es an den Mitgliedstaaten, die EPBD-Zielvorgaben für 2030 und 2035 zur Senkung des durchschnittlichen Primärenergieverbrauch über einen Minderungspfad einzuhalten.
Hinweis zu den Zuständigkeiten der Bundesministerien:
Die federführende Zuständigkeit für die EPBD liegt grundsätzlich beim BMWE. Für die Umsetzung der EPBD in ordnungsrechtliche, förderrechtliche oder sonstige Maßnahmen liegt die Verantwortung teils beim BMWSB, teils beim BMWE oder gemeinsam bei beiden Ministe-rien. Das BMWE ist für die Umsetzung der EED mit Ausnahme der Umsetzung von Art. 6 EED zuständig, für den die Federführung beim BMWSB liegt.
EU-Lastenteilungsverordnung und EU-Emissionshandel
Dem Gebäudesektor kommt beim Erreichen der europäischen und nationalen Klimazielen eine besondere Verantwortung zu. Ungefähr 40 Prozent des Energieverbrauchs und 36 Prozent der Treibhausgasemissionen fallen in diesem Sektor an.
Im Rahmen des "European Green Deals" wurde auch das nationale Reduktionsziel der EU-Lastenteilungsverordnung (Effort Sharing Regulation, ESR) von 38 Prozent auf 50 Prozent angehoben. Anhängig vom Bruttoinlandsprodukt setzt die Verordnung den Mitgliedsstaaten unterschiedliche nationale Ziele zur Senkung des CO2-Ausstoßes bis 2030 gegen-über dem Referenzjahr 2005, welche sich insbesondere auf die im Gebäude- und Verkehrssektor verursachten Emissionen beziehen.
Zur Unterstützung der Mitgliedstaaten bei der Erreichung des jeweili-gen ESR-Ziels wird ab 2027 auf europäischer Ebene ein eigenständi-ger Emissionshandel für Gebäude und Verkehr (ETS 2) eingeführt. Mit dem sog. TEHG-Europarechtsanpassungsgesetz (in Kraft seit dem 6. März 2025) wurde die novellierte EU-Emissionshandelsrichtlinie bereits umgesetzt. Damit wurden u.a. die technischen Voraussetzungen für den Übergang vom bestehenden nationalen Brennstoffemissionshandel zum ETS 2 geschaffen. Zur sozialen Abfederung des marktbasierten europäischen Zertifikatpreis sind flankierende Maßnahmen vorgesehen.
Sozial flankierende Maßnahmen könnten – zumindest teilweise – aus den Deutschland zustehenden Mitteln des europäischen Klima- und Sozialfonds finanziert werden, soweit es sich um im nationalen Klimasozialplan verankerte Maßnahmen handeln würde. Denkbar ist auch eine europarechtskonforme Finanzierung direkt über die Deutschland zugewiesenen Versteigerungserlöse (Verwendung für klimaschutz- und energiewendebezogene Zwecke).
Bundesklimaschutzgesetz und nationale Klimaschutzmaßnahmen
Auf nationaler Ebene sieht das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) vor, klimaschädliche Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. Bis 2040 sollen die Emissionen um 88 Prozent sinken und im Jahr 2045 Netto-Treibhausgasneutralität erreicht werden. Mit der KSG-Novelle 2024 wird die Einhaltung der Klimaziele nicht mehr rückwir-kend nach spezifischen jahresscharfen Sektor-Zielen kontrolliert, son-dern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend.
Über diesen Ansatz werden Fehlanreize vermieden und das ganze Handlungsfeld von Gebäuden in den Fokus gerückt. Mit dem vom BMWSB entwickelten Qualitätssiegel "Nachhaltiges Gebäude" (QNG) sind wir Vorreiter und reduzieren die THG-Emissionen über den ganzen Lebenszyklus einschließlich vor- und nachgelagerter Prozesse.
Unabhängig von der sektorübergreifenden Betrachtung im KSG gilt: Um die Klimaziele zu erreichen, müssen die THG-Einsparpotenziale des Bausektors ausgeschöpft werden. Es bleibt erforderlich, Sanierungsanstrengungen zu verstärken und den Umstieg auf erneuerbare Energien zu beschleunigen. Zugleich gilt es, trotz des großen Hand-lungsdrucks stets die richtige Balance zu finden: Klimaschutzmaßnahmen müssen praxistauglich und umsetzbar sein und dürfen die Bezahlbarkeit von Bauen und Wohnen nicht gefährden. Dies kann über einen ausgewogenen Instrumentenmix gelingen, welcher eine ansprechende Förderlandschaft, ordnungsrechtliche Maßnahmen und markwirtschaftliche Instrumente wie den ETS 2 umfasst.
Hervorzuheben ist insbesondere die Einführung einer verbindlichen und flächendeckenden Wärmeplanung über das Wärmeplanungsgesetz (WPG), welches den Grundstein für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung legt. Mit dem WPG und der Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) wurden zentrale Maßnahmen auf den Weg gebracht, deren Wirksamkeit der Expertenrat für Klimafragen bestätigt hat.
Hieran knüpfen die Umsetzungen der novellierten EPBD (einschließlich der darin erhaltenen Anforderungen an Wohn- und Nichtwohnge-bäude) sowie weiterer EU-Richtlinien mit Bezug zum Gebäudesektor wie der EED und der Erneuerbaren-Energien-Richtlinie (Renewable Energy Directive, RED) an. Ökonomische Anreize zur Minderung von THG-Emissionen werden durch die CO2-Bepreisung für den Gebäude- und Verkehrssektor erzielt, welche ab 2027 in Rahmen des ETS 2 über einen europäischen Zertifikatpreis erfolgt. Hinzu kommen zahlrei-che Förderprogramme auf Bundes- und Landesebene wie z.B. die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) mit ihrem Teilprogramm "Klimafreundlicher Neubau".