Normung
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Das Normungswesen ein wichtiger Bestandteil moderner Wirtschaft und Gesellschaft. Normen und Standards sorgen für einheitliche Anforderungen und gewährleisten ein hohes Maß an Sicherheit, Qualität und Kompatibilität von Produkten und Dienstleistungen. Sie schaffen dadurch Vertrauen und Verlässlichkeit zwischen Herstellern, Dienstleistern und Verbrauchern. Sie bieten sichere, verlässliche Rahmenbedingungen für Fortschritt und Innovation. Unternehmen können durch die Nutzung von Normen Produktionsprozesse optimieren, Kosten senken und Risiken minimieren.
Grundsätzliches zum Normungswesens
Normen durchdringen zahlreiche Bereiche des Alltags- und Wirtschaftslebens. Das genormte Papierformat DIN A 4 gehört sicherlich zu den bekanntesten Normierungen überhaupt. Auch Normierungen für Steckerverbindungen für Ladegeräte moderner Kommunikationsgeräte und genormte Anschlüsse für Datenübertragungskabel sind heute allgegenwärtig. Zumeist nehmen wir die Normierungen jedoch nicht bewusst wahr, da sie eher unbemerkt in den Dingen, die uns umgeben, verborgen sind. Ihre herausragende Bedeutung würde schlagartig erhellt, würden sie plötzlich fehlen. So prägen beispielsweise Normen die Qualitäts- und Sicherheitsstandards im Bereich des Bauwesens wesentlich, wie etwa für Bauholz, Zement, Beton, Mauersteine, Dämmstoffe, Fenster und Türen sowie Löschanlagen.
Bedeutung des Normungswesens
Wirtschaftlich gesehen tragen Normen maßgeblich dazu bei, Produktion und Handel zu fördern, da sie Kompatibilität und Austauschbarkeit von Produkten und Dienstleistungen sicherstellen. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag zur Vereinheitlichung der verschiedensten Merkmale und zur Gewährleistung bestimmter Eigenschaften von Produkten oder Prozessen. Dies führt zu Kostensenkungen, da Unternehmen auf bewährte und standardisierte Verfahren zurückgreifen können, anstatt eigene, singuläre Lösungen zu entwickeln. Darüber hinaus sorgt Normung dafür, dass Unternehmen auf internationalem Niveau konkurrieren können, da sie häufig internationale Normen übernehmen, die auf globalen Märkten akzeptiert sind. Unternehmen, die auf bestehende Normen aufbauen, können ihre Produkte schneller entwickeln und mit geringerem Risiko auf den Markt bringen. Außerdem tragen Normen dazu bei, Qualitätsstandards zu sichern, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken und die Nachfrage nach Produkten zu erhöhen.
Hieraus wird deutlich, welch wichtige Rolle ihnen für die Wirtschaft und Unternehmen, für Privatpersonen und Verbraucher und damit nicht zuletzt auch für die Bauwirtschaft zukommt. Durch Normen wird die Produktion, das Inverkehrbringen, den Austausch und die Verwendung von Produkten und Dienstleistungen erst ermöglicht oder vereinfacht. Normen sind in zahlreichen Bereichen, wie etwa der (Gebäude-) Technik, den (Bau-) Produkten, für IT-Anwendungen und in der elektronischen Kommunikation unverzichtbar. Sie fördern nicht nur den Verkehr von Waren und Dienstleistungen, sondern unterstützen auch die Innovationsbereitschaft und Effizienz von Unternehmen, indem sie einen stabilen Rahmen für neue Technologien bieten. Das Normungswesen ist damit ein stiller und wirkungsvoller Motor auch des wirtschaftlichen Bauens und des technischen Fortschritts.
Normungsorganisationen in Deutschland
In Deutschland gibt es mehrere Normungsorganisationen, die das Normungswesen koordinieren und die Entwicklung von Normen vorantreiben. Die wichtigste und bekannteste Organisation ist das Deutsche Institut für Normung e. V. (DIN), das 1917 gegründet wurde. Das DIN ist die zentrale Institution, die für die Entwicklung und Veröffentlichung von Normen verantwortlich ist. Neben dem DIN gibt es auch andere Organisationen, die in speziellen Bereichen tätig sind. Dazu gehört zum Beispiel der VDE (Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V.), der sich auf Normen in der Elektrotechnik und Informationstechnik konzentriert. Der DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.) beschäftigt sich mit Normen für die Gas- und Wasserwirtschaft, während der VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.) technische Normen für den Maschinenbau und Ingenieurwesen entwickelt.
Europäische und internationale Normungsarbeit
Normung findet zudem auch auf europäischer und internationaler Ebene statt, um Produkte, Dienstleistungen und Prozesse für auch auf diesen Ebenen zu vereinheitlichen. Besonders hervorzuheben ist die enge Verzahnung des deutschen Normungswesens mit internationalen und europäischen Normungsorganisationen. Beispielsweise ist DIN Mitglied in der Internationalen Organisation für Normung (ISO) und in der Europäischen Normungsorganisation (CEN), wodurch es Einfluss auf die internationalen und europäischen Normen hat. Dies trägt dazu bei, dass deutsche Produkte und Technologien weltweit anerkannt werden. Die deutschen Normen sind in vielen Ländern die Grundlage für die Zulassung von Produkten und deren Markteinführung. Das Vertrauen in deutsche Qualitätsprodukte und die Einhaltung internationaler Standards sind entscheidend auch für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.
Prozess der Normenentstehung
Über die Entstehung von Normen ist oft wenig bekannt. Die Normenentstehung ist selbst normiert und gewährleistet einen sorgfältigen und transparenten Entstehungsprozess. Zuständig hierfür sind privatrechtliche Normungsorganisationen, die den Prozess koordinieren und die hierfür nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen.
Der Normungsprozess beginnt in der Regel mit einem Bedarf, der von Industrieverbänden, Unternehmen oder anderen Interessensgruppen formuliert wird. Dies können beispielsweise ein technischer Fortschritt oder eine Änderung gesetzlicher Anforderungen sein. Der Entwurf einer neuen oder die Änderung einer bestehenden Norm wird in einem Arbeitsgremium erstellt, das sich aus Fachleuten des jeweiligen Bereichs unterschiedlicher Herkunft zusammensetzt.
Dieser Entwurf wird dann in einem breiten Konsultationsprozess weiterentwickelt. In diesem Schritt werden auch die Interessen der Industrie, der Verbraucher und der staatlichen Stellen berücksichtigt. Die Normen werden dabei auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und bewährten Praktiken basieren und müssen oft an neue technologische Entwicklungen angepasst werden. Nach mehreren Abstimmungsrunden und Prüfungen wird die Norm schließlich verabschiedet und veröffentlicht. Zur Verabschiedung einer Norm ist eine einstimmige Entscheidung aller im Gremium vertretenen Personen erforderlich (Konsensprinzip).
Ein zentraler Aspekt des Normungsprozesses ist die Öffentlichkeitsbeteiligung. Alle Bürgerinnen und Bürger und jedes Unternehmen können im Rahmen der sogenannten "Öffentlichen Kommentierung" Vorschläge oder Einwände zu Normentwürfen einbringen. So wird sichergestellt, dass die Normen den Bedürfnissen der Praxis gerecht werden und eine breite Akzeptanz finden.
Wirkung von Normen
Über die Wirkung von Normen, genauer auch als „technische“ Normen bezeichnet, genauso wie über ihre Abgrenzung gegenüber staatlichen Normen ist oft wenig bekannt. Sie sind insbesondere nicht mit Normen, die von staatlichen Organen im Wege der Gesetz- oder Verordnungsgebung erlassen werden (Rechtsnormen), zu verwechseln.
Normen, im Sinne technischer Normen, werden auf freiwilliger Basis nach dem Prinzip des vollständigen Konsenses von Expertinnen und Experten des jeweils zu normierenden Bereiches in entsprechend besetzten Gremien privatrechtlich organisierter Normungsorganisationen erarbeitet. Sie haben auf Grund ihrer Entstehung, ihres Inhalts und Anwendungsbereichs den Charakter von Empfehlungen, deren Anwendung grundsätzlich freiwillig ist.
Es kommt vor, dass staatliche Stellen technische Normen durch Verweise in staatlichen Rechtsnormen in Bezug nehmen. Dadurch werden Normen im jeweiligen Anwendungsbereich der Inbezugnahme staatlicherseits für verbindlich erklärt. Durch diese Regelungstechnik können Sich Gesetz- und Verordnungsgeber die hohe Qualität und Expertise, die in den Normen liegt, zunutze machen, ohne selbst in einem entsprechend aufwändigen Normierungsprozess eigene geeignete Regelungen finden zu müssen. Insofern leisten Normungsorganisationen durch ihre Normungsarbeit einen wesentlichen Beitrag zum Bürokratieabbau. Diese Regelungstechnik findet sich insbesondere häufig in bauordnungsrechtlichen Bestimmungen der jeweiligen Bundesländer.
Zudem kommt es vor, dass Normen kraft privatautonomer Entscheidung in Vertragsverhältnisse einbezogen werden. Auch in diesem Fall sind sie verbindlich, allerdings nur für die jeweiligen Vertragsparteien im Rahmen ihres konkreten Vertragsverhältnisses.
Zusammenfassung
Das historisch gewachsene Normungswesen in Deutschland leistet seit vielen Jahrzehnten wichtigen Beitrag für der Wirtschaft und Gesellschaft. Es sorgt für Qualität, Sicherheit und Kompatibilität von Produkten und Dienstleistungen und trägt so maßgeblich zur Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen bei. Der Prozess der Normenentstehung unter Einbeziehung aller relevanten Akteure und die Verabschiedung von Normen nach dem Konsensprinzip spielen dabei eine zentrale Rolle.
Normen haben sowohl eine rechtliche als auch eine wirtschaftliche Bedeutung, indem sie Unternehmen helfen, Haftungsrisiken zu minimieren und den Handel zu erleichtern. Auch staatliche rechtsetzende Organe werden entlastet, indem sie sich in ihren Regelungen auf Normen beziehen können. Die enge Zusammenarbeit mit internationalen Normungsorganisationen gewährleistet, dass deutsche Normen weltweit anerkannt werden und die deutsche Wirtschaft in einem globalisierten Markt weiterhin wettbewerbsfähig bleibt.
Insgesamt ist das Normungswesen ein unverzichtbares Element der deutschen Wirtschaft, das zur Innovationskraft, Sicherheit und Qualität der Produkte beiträgt und somit den Erfolg auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene sichert.