Gleichwertige Lebensverhältnisse und ländliche Räume

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Raumordnung & Raumentwicklung

Politik für alle Menschen an allen Orten: Gleichwertige Lebensverhältnisse im ganzen Land zu schaffen ist das Ziel der Raumordnung in der Bundesrepublik Deutschland.

Das Raumordnungsgesetz (ROG) definiert als Ziel einer nachhaltigen Raumordnungspolitik, die wirtschaftlichen Anliegen in Einklang zu bringen mit sozialen und ökologischen Bedürfnissen. Deutschland soll eine dauerhafte, großräumig ausgewogene Ordnung haben, die gleichwertige (nicht gleiche!) Lebensverhältnisse in allen Teilräumen Deutschlands ermöglicht.

Die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse ist eine Querschnittsaufgabe, an der viele mitwirken müssen, aus allen Verwaltungsebenen (Bund, Länder, Kommunen) und allen Politikbereichen (wie z.B. Wirtschaft, Verkehr, Bildung, Gesundheit, Finanzen u.v.m).

Politischer Auftrag und Ziele der Bundesregierung

Der politische Auftrag und die Ziele der Bundesregierung sind klar: Durch eine aktive Ausgleichs- und Strukturpolitik soll erreicht werden, dass die Lebensverhältnisse in allen Regionen gleichwertig sind. Im Fokus der Gleichwertigkeitspolitik steht die Stärkung strukturschwacher Regionen und eine ausgewogene Politik für städtische und ländliche Räume.  Konkrete Handlungsmaßnahmen wurden 2019 von der Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" formuliert, in der Bund, Länder und Kommunen Vorschläge erarbeitet haben. Die Bundesregierung hat darauf aufbauend einen "Plan für Deutschland - Gleichwertige Lebensverhältnisse überall" beschlossen.  

Darin ist festgehalten, dass gleichwertige Lebensverhältnisse die Grundlage für das Vertrauen in unsere Demokratie, ein funktionierendes Miteinander und den Zusammenhalt in unserem Land bilden. Gute Lebens- und Arbeitsbedingungen, eine intakte Umwelt, funktionierende Rahmenbedingungen und ein soziales Miteinander vor Ort sind entscheidend für Teilhabe, Zugehörigkeit und Zusammenhalt. Jeder Mensch in Deutschland soll dort gut leben können, wo er leben möchte. Zentrale Voraussetzung sind handlungs- und leistungsfähige Kommunen, die eigenständig Entscheidungen treffen, eine zuverlässige öffentliche Versorgung gewährleisten, eine starke Wirtschaft unterstützen und in denen eine engagierte Zivilgesellschaft sich entfalten kann.

Raumordnungspolitik für gleichwertige Lebensverhältnisse und ländliche Räume

Wir stehen heute vor großen Veränderungen: Klimawandel, demografischer Wandel, der Wandel der Arbeitswelt durch Digitalisierung, eine neue Sicherheitslage und die Energiewende, um nur einige zu nennen. All diese Veränderungen haben unterschiedliche Auswirkungen auf die Regionen Deutschlands. Der Klimawandel etwa bedeutet zu wenig Wasser in einer Region und zu viel in einer anderen, Dürre und Hitzeperioden hier, Hochwasser und Starkregenereignisse dort. Die Energiewende bedeutet vor allem für die Regionen, in denen der Abbau und die Verstromung von Kohle ein zentraler Wirtschaftsfaktor war, enorme Veränderungen der Lebenswelten. Entsprechend gibt es kein "eins für alle" Gleichwertigkeitsrezept, sondern es müssen regional passende Ansätze entwickelt werden. Dies erfolgt nach den Grundsätzen und Leitlinien des Raumordnungsgesetzes durch die Landesplanungen, die regionale Entwicklungsstrategien und strategische Regionalentwicklungskonzepte entwickeln. Das Ziel der gleichwertigen Lebensverhältnisse wird also in allen Landesplänen unterschiedlich konkretisiert. Gemeinsam ist allen der Ansatz der räumlichen Bündelung von Angeboten der Daseinsvorsorge: in kleinen Städten gibt es die Grundversorgung (etwa Supermarkt, Grundschule, Apotheke, Gewerbegebiet), in den größeren auch Fachhandel, weiterführende Schulen, Kulturangebote, ein Krankenhaus – die durch ÖPNV mit dem Umland verbunden und so für alle Menschen in der Region gut erreichbar sind.

Diese "Daseinsvorsorge" zu sichern, ist insbesondere in solchen ländlichen Räumen zunehmend schwierig, in denen so wenige Menschen leben, dass diese Angebote von den Kommunen kaum noch wirtschaftlich zu leisten sind. Nach der Wiedervereinigung verzeichneten viele ländliche Räume im Osten Deutschlands hohe Bevölkerungsverluste. Insbesondere junge Menschen verlagerten ihren Lebensmittelpunkt. Inzwischen ist eine gewisse Kehrtwende zu erkennen, ländliche Räume gewinnen auch durch hohe Wohnkosten in den Ballungsräumen und die Möglichkeiten des ortsungebundenen Arbeitens im Dienstleistungssektor wieder an Attraktivität. Strukturstärkere ländliche Räume profitieren auch verstärkt von Zuzügen qualifizierter Menschen aus dem In- und Ausland. Dies führt allmählich zu einer Stabilisierung der Bevölkerungsentwicklung in ländlich geprägten Gebieten, dennoch zieht es vor allem junge Menschen nach wie vor in die Städte. Deshalb unterstützt die Bundesregierung die strukturschwachen ländlichen Räume auf vielfältige Weise.

Wie werden strukturschwache und ländliche Räume durch das BMWSB unterstützt?

Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) ergänzt die großen Förderprogramme insbesondere des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundeslandwirtschaftsministeriums durch Maßnahmen, die die Raumplanung sowie die Regionalentwicklung stärken. Mit dem Programm Region gestalten werden insbesondere strukturschwache ländliche Regionen bei der Umsetzung ihrer Vorhaben zur Stärkung einer nachhaltigen und resilienten Entwicklung unterstützt und miteinander vernetzt, mit den "Modellvorhaben der Raumordnung" (MORO) werden innovative Ansätze in der Raumplanung entwickelt und erprobt. Auch viele Fördermittel für die Städtebauförderung fließen in kleine Städte in ländlichen Räumen. Mehr zur Städtebauförderung finden Sie hier: https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/staedtebau/staedtebau-node.html.

Wir sind überzeugt davon, dass die Kommunen nur gemeinsam, über Verwaltungsgrenzen hinweg wirklich tragfähige Antworten auf Klimawandel, Energiewende, Migration und Digitalisierung finden können!

Weitere Informationen zu den "Modellvorhaben der Raumordnung" (MORO) finden Sie unter https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/raumentwicklung/raumordnung/modellvorhaben/ forschungsprogramm/forschungsprogramm.html.