Rede der Bundesministerin Klara Geywitz zum Einzelplan 25 des Bundeshaushalts 2024

Typ: Rede , Datum: 05.09.2023

"Wir haben einen riesigen Baubedarf im Wohnungsbau, aber natürlich auch im Bereich der Sanierung!"

  • Ort

    Deutscher Bundestag

  • Rednerin oder Redner

    Bundesministerin Klara Geywitz

Es gilt das gesprochene Wort.

Frau Präsidentin!

Tatsächlich, die Ministerin! Herr Lange hat mich ja heute zu einer Art Abteilungsleiterin oder Hilfsreferentin des Kollegen Finanzminister degradiert. Insofern hoffe ich, dass Sie ein bisschen an der frauen- und gleichstellungspolitischen Debatte des vorherigen Etats teilnehmen konnten.

Jetzt gibt sich Herr Söder so eine Mühe bei den weiblichen Wählern, und Sie reißen das alles wieder ein!

Baupolitik heutzutage ist natürlich die sehr komplexe Fragestellung, wie wir die beiden großen Themen eigentlich verbinden: die Deckung des notwendigen Zubaubedarfs in Deutschland und gleichzeitig mit Blick auf den Ressourcenschutz die Berücksichtigung des Klimawandels. Das ist keine banale Frage, sondern eine Frage der wesentlichen technologischen Transformationen. Klar ist: Wir haben einen riesigen Baubedarf, zum einen im Wohnungsbau, aber zum anderen natürlich auch im Bereich der Sanierung, im Bereich des Ausbaus der Schiene und der Straße. Volker Wissing hat einen großen Investitionsbedarf, und da brauchen wir CO2-sparendes Bauen.

Aber als wäre die Frage, wie wir das Bauvolumen und die Ressourcen des Planeten zusammenbekommen, noch nicht kompliziert genug, hat sich durch den Zinssprung die ganze Konjunktur am Bau noch verschlechtert.

Nicht dass wir jetzt historisch hohe Zinsen haben; aber der Sprung von einer langjährigen Niedrigzinsphase hoch zu den jetzigen Zinsen stellt viele Projekte vor eine große Herausforderung.

Und als wäre die Kombination aus Umweltschutz und Bauen für die baupolitische Debatte nicht schon herausfordernd genug, müssen wir jetzt auch noch die Frage beantworten: Wie können wir in dieser Situation einen staatlichen Impuls für die Baukonjunktur setzen und gleichzeitig das Verfassungsgebot der Schuldenbremse einhalten? Ich sage: Wir müssen das zusammenbringen, weil es sich aus Respekt vor der Verfassung verbietet, Schleichwege zu gehen und die Schuldenbremse zu umgehen.

Aber nicht nur das. Auch für alle zukünftigen Bauherrinnen und Bauherren ist Geldwertstabilität ein hohes Gut. Deswegen kommt zu der Herausforderung mit der Quadratur des Kreises auch noch die Frage, wie wir mit der Schuldenbremse als Verfassungsauftrag für die Baukonjunktur einen Impuls setzen können. Das kompliziert die Debatte und ist ein großer Unterschied zur Baupolitik der letzten Jahre, wo man mit vielen Milliarden eine gut ausgelastete Bauwirtschaft noch mal angekurbelt oder vielleicht sogar überhitzt hat.

Deswegen ist es wichtig, dass wir alle Maßnahmen prüfen, wenn es darum geht, was wir tun können, um schnell wirksame Impulse für die Baukonjunktur zu setzen. Denn klar ist: Der Markt wird sich auch an das jetzige Zinsniveau gewöhnen; das sagen alle Institute in ihren Prognosen voraus. Aber 2024 wird noch mal ein sehr, sehr schwieriges Jahr für die Baubranche, bis wir davon ausgehen können, dass sich 2025 alle Marktakteure an die neuen Bedingungen gewöhnt haben.

Deswegen ist es das Ziel der Bundesregierung, mit dem nächsten Haushalt einen Investitionsimpuls zu setzen; aber schon vor dem Beschluss des Haushaltes durch die Einführung der degressiven AfA das ganz klare Zeichen zu setzen, dass sich Bauen mit 6 Prozent Abschreibung lohnt, und zwar ab 1. Oktober 2023; das war uns ganz wichtig. Da bin ich froh, dass das Finanzministerium dem zugestimmt hat, und zwar für Bauprojekte mit Baubeginn ab dem 1. Oktober 2023, egal wie alt der Bauantrag ist.

Als es eine meiner ersten Amtshandlungen war, die Mittel für den sozialen Wohnungsbau massiv aufzustocken, fragte der eine oder andere Baupolitiker: Was ist das denn für eine Prioritätensetzung? Ich habe die Signale erhalten, dass die Förderprogramme in den Ländern jetzt deutlich attraktiver sind als in der Vergangenheit. Der soziale Wohnungsbau lebt wieder, und er stabilisiert jetzt ganz entscheidend die Baunachfrage.

Damit das weiter passieren kann, haben wir bis 2027 nunmehr 18 Milliarden Euro für diesen Bereich in die mittelfristige Finanzplanung aufgenommen. Man muss sagen: Unser Programm "Junges Wohnen" mit 500 Millionen Euro ist so erfolgreich, dass ich gesagt habe: Wir werden das jetzt Jahr für Jahr weiterführen, sodass wir in dieser Legislaturperiode 1,5 Milliarden Euro für "Junges Wohnen", für Azubis und Studenten, zur Verfügung stellen können.

Herr Lange war sich ja nicht ganz sicher, ob Robert Habeck für Neubauförderung zuständig ist oder ob ich es bin. Deswegen verrate ich Ihnen, dass ich das bin.

Die Neubauförderung, die über den KTF läuft, ist derart gut angenommen worden, dass wir eine überplanmäßige Ausgabe in Höhe von 900 Millionen Euro beantragt und bekommen haben, sodass wir kontinuierlich durchfinanzieren können.

Das ist das stabile Fördersystem, das die Baubranche von uns auch erwartet. Ganz wichtig ist, dass wir im Jahr 2024 für kurzfristig wirksame Nachfrage sorgen. Eines der beliebtesten, wichtigsten und notwendigsten Programme aus meinem Haus ist "Altersgerechtes Umbauen", gerade in einer älter werdenden Gesellschaft. Deswegen freue ich mich,
dass wir es auch in Zeiten von Sparhaushalten geschafft haben, dieses Programm auf nunmehr 150 Millionen Euro zu verdoppeln.

Die Baubranche ist mitten in einer technologischen Transformation. Wer auf der Baumesse war, wird gesehen haben: Es geht um die zwei großen D: Das eine ist Digitalisierung, das andere ist Dekarbonisierung. Das zeigt, dass diese Branche die Herausforderungen der Zeit gerne bewältigen will. Wir unterstützen das mit einem anwendungsorientierten Forschungsprogramm in Höhe von 52 Millionen Euro, damit die Baustelle von morgen nicht mehr aussieht wie die Baustelle von gestern.

Über die Sommerpause hatten wir auch die Gelegenheit, die kommunale Wärmeplanung noch mal mit den Verbänden, mit den Ländern zu diskutieren. Ich bin sehr froh, dass der Gesetzentwurf jetzt zum einen das Bundeskabinett passiert hat und dass wir zum anderen über den KTF einen finanziellen Rahmen haben, sodass die Kommunen in Deutschland bei der wichtigen Organisation der Modernisierung der Heizungsversorgung unterstützt werden können. Wärmeplanung wird ein zentrales Element sein, um gemeinsam überlegen zu können, wie man mit der Technik, die vor Ort sinnvoll ist, morgen heizt. Das ist natürlich für den Gebäudesektor ganz wesentlich.

Ich freue mich auf die parlamentarischen Beratungen, auf eine lebhafte Debatte zu der Frage, wie wir in der Baupolitik die ökologischen Grenzen des Planeten mit den Notwendigkeiten des Bauens übereinbringen und vor allen Dingen darauf, wie wir es schaffen, die Baubranche 2024 durch diese Krise zu bekommen. Ich gehe davon aus, dass die Baukapazitäten, die jetzt abgebaut werden müssten, so schnell nicht wiederkommen werden.

Deswegen müssen wir alles tun, um zu verhindern, dass diese Kapazitäten abgebaut werden. Eine stabile große Investitionsnachfrage durch uns – den Bereich des Bauministeriums, aber auch den Bereich des Verkehrsministeriums – kann hier helfen, die Nachfrage insgesamt zu stabilisieren.

Herzlichen Dank.