Rede der Bundesministerin Klara Geywitz zum des Gesetzentwurf zur Änderung des Gebäudenergiegesetzes
Rede 12.05.2023
"Nichts zu tun, wäre keine Option, die die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland weiterbringen würde."
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Ort
Deutscher Bundestag
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Rednerin oder Redner
Bundesministerin Klara Geywitz
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Mitglieder des Bundesrates!
Dies ist in der Tat ein Gesetz, das die Menschen in unserem Land stark berührt, denn heizen muss jeder. Heizungen sind eine der größten Investitionen von Hausbesitzern. Gleichzeitig muss man wissen, dass man im Gebäudebereich nicht so wahnsinnig viele Stellschrauben hat, wenn man den CO2-Bedarf des Gebäudesektors reduzieren will.
Im Kern kann man zwei unterschiedliche technische Optionen wählen: Entweder reduziere ich den CO2-Ausstoß, indem ich weiter fossil heize, die Häuser dafür aber alle so gut dämme, dass ich nur noch minimal wenig CO2 ausstoße, oder aber ich schaue mir die Heizung an und gehe den Weg der Dekarbonisierung.
Ich bin ja viel im Land unterwegs, ob das nun in Bad Gottleuba-Berggießhübel, in Neuhaus-Schierschnitz oder bei mir in Brandenburg ist. Ich bin durch die Gegend gefahren, habe mir den Häuserbestand angeguckt. In Deutschland sind 50 Prozent aller Einfamilienhäuser sanierungsbedürftig. Und ich habe mich gefragt: Welcher Ansatz ist denn eigentlich der mit der geringeren Belastung? 50 Prozent dieser Einfamilienhäuser zu sanieren, damit sie weiter mit Gas oder Öl beheizt werden können, oder die Häuser so zu lassen, wie sie sind, und anders zu beheizen, zum Beispiel mit Holz?
Mit Verwunderung habe ich festgestellt, dass Herr Söder das Gesetz so liest, als wären Holz- und Pelletheizungen keine Option. Gerade in Bayern ist das ja durchaus gängig. Das ist nicht richtig. Man kann weiter mit Holz und mit Biomasse heizen. Deswegen ist aus meiner Sicht die Umstellung der Heizung der bessere Schlüssel, als zu sagen: Wir müssen jetzt alles sanieren.
Gleichzeitig muss man wissen, dass wir nicht eilig dran sind, sondern viel zu spät. Eine Heizung hält locker 20, 30 Jahre. Das heißt: Wenn wir 2045 klimaneutral sein wollen – übersetzt: es kann dann keine Gas- und Ölheizungen mehr geben –, dann hätten wir vor vielen Jahren schon anfangen müssen mit einer kommunalen Wärmeplanung, auf die dann, wie Ministerpräsidentin Schwesig sagte, zum Beispiel eine viel stärkere Nah- und Fernwärmeversorgung aufbaut. Ich kann Ihnen zusagen: Mein Ministerium bereitet gerade das Gesetz für die kommunale Wärmeplanung vor. Ich habe auch den richtigen Hinweis des Kollegen Beermann aufgegriffen: Qualität der Gesetzgebung braucht immer Zeit. Ich kann Ihnen für die Bundesregierung zusagen: Die kommunale Wärmeplanung wird in einem ordentlichen Beratungsverfahren mit den ordentlichen Fristen mit Ihnen beraten.
Aber nichts zu tun, wäre auch keine Option, die die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland weiterbringen würde. Herr Ministerpräsident Haseloff hat ja gesagt, dass die Steuerung über den Emissionshandel vielleicht eine geeignete Maßnahme sein könnte. Bloß wozu würde das führen? Natürlich zu einer Verteuerung von CO2, von Brennstoffen wie Öl und Gas. Und wer würde dann am meisten unter dem hohen CO2-Preis leiden? Menschen, die in unsanierten Häusern mit Öl- und Gasheizungen leben. Das heißt, diese Lenkungswirkung würde genau diejenigen treffen, die Sie eigentlich schützen wollen.
Demzufolge ist es nicht wirklich ratsam, zu sagen: Jetzt noch schnell die Ölheizung auswechseln! – Wir alle wissen: Über den Emissionshandel, über die CO2-Preissteigerung wird das eine sehr teure Technik werden.
Richtig ist Ihr Appell, dass wir das ins Zentrum stellen, was machbar ist. Deswegen noch mal mein Hinweis bezüglich der Betroffenheit: Keine Heizung, die funktioniert, muss ausgetauscht werden. Die Heizung kann im Havariefall natürlich kaputtgehen, und zwar auch so, dass sie nicht repariert werden kann. Das waren im letzten Jahr 140 000 Heizungen in Deutschland. Wenn das bei Ihnen der Fall ist, dann haben Sie je nach Konstellation 3 bis 13 Jahre Zeit, sich eine andere Heizungsoption zu überlegen und können in dieser Zeit weiter fossil heizen.
Das mit den 80-Jährigen und den 79-Jährigen klingt in der Tat erst mal ein bisschen komisch. Es ist so, dass jeder Bürger das Recht hat, einen Antrag auf Befreiung von diesem Gesetz zu stellen, zum Beispiel, weil es für ihn wirtschaftlich nicht darstellbar ist, egal in welchem Alter, oder auch, wenn die notwendigen Investitionen in das Haus in keinem sinnvollen Verhältnis zum Wert des Hauses an sich stehen. Wir haben nur, weil natürlich die Bauordnungsbehörden diese Genehmigungen bearbeiten müssen, gesagt: Bei 80-Jährigen ist das aus unserer Sicht nicht notwendig. Diese werden generell ausgenommen.
Aber auch mit 79 Jahren und zehn Monaten können Sie natürlich diesen Antrag auf Ausnahme stellen, und es gibt noch weitere Ausnahmen für den Bereich der Daseinsvorsorge und anderes.
Ich werbe noch mal dafür, weil wir im Gebäudesektor genau diese zwei Stellschrauben haben: dämmen oder anders heizen. Aus meiner Sicht ist die Umstellung, die Modernisierung des Heizungsbereiches in Kombination mit einer absoluten Stärkung der Nah- und Fernwärmeversorgung einer der wesentlichen Punkte, weil ganz klar ist: Wir können eine 100-prozentige Umstellung auf Wärmepumpen nicht kalibrieren. Ministerpräsident Haseloff hat ja gerade auf den kalten Winter hingewiesen. Wir müssen die technischen Systeme in unserem Land so ausbauen, dass sie immer auf den Peak der Belastung ausgerichtet sind. Das würde also, wenn wir alles auf die Wärmepumpe umstellen, einen gigantischen Ausbau der Strominfrastruktur mit sich bringen. Das ist nicht sinnvoll. Deswegen ist unser Ansatz: Hybridmodelle, die Fernwärme zu stärken, aber natürlich auch jegliche Modelle von Geothermie. Das wird ein Weg sein, um Deutschland im Bereich der Heizung zu dekarbonisieren.
Dann müssen wir auch nicht jedes Haus in Deutschland hocheffizient dämmen. – Herzlichen Dank!