Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften

Typ: Gesetzgebungsverfahren , Datum: 06.07.2023

  • Gesetz

Gesetzentwurf der Bundesregierung

Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf der Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen am 14. Dezember 2022 beschlossen. Länder und Verbände wurden zuvor um ihre Stellungnahmen gebeten.

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung des Ziels der Bundesregierung, die Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen, damit private und staatliche Investitionen zur Modernisierung des Landes schnell, effizient und zielsicher umgesetzt werden können. Er ist Teil eines Maßnahmenpakets der Bundesregierung zur Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung ("Herbstpaket").

Im Koalitionsvertrag der 20. Legislaturperiode haben sich die Regierungsparteien SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP unter anderem hierzu vorgenommen, die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsverfahren vorrangig umzusetzen. Dies betrifft auch das Bauplanungsrecht. Der Koalitionsvertrag sieht eine Novellierung des Baugesetzbuchs (BauGB) vor, mit der unter anderem die rechtlichen Grundlagen für eine vollständige Digitalisierung der Bauleitplanverfahren geschaffen werden sollen.

Der vorliegende Gesetzentwurf soll auf eine Digitalisierung und Beschleunigung von Bauleitplanverfahren bezogene Aufträge aus dem Koalitionsvertrag umsetzen. Die wesentlichen Inhalte des Gesetzentwurfs sind:

  • Umstellung des förmlichen Beteiligungsverfahrens auf ein digitales Verfahren als Regelfall,
  • Vermeidung von Redundanzen bei der Änderung von Planentwürfen und
  • Verkürzung der Fristen zur Genehmigung bestimmter Bauleitpläne (Flächennutzungspläne und Bebauungspläne, die nicht aus einem Flächennutzungsplan entwickelt wurden).

Neben dem Bauleitplanverfahren ändert der Gesetzentwurf das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG): Beim Flächenbeitragswert werden ausschließlich solche Flächen angerechnet, für die standardisierte Daten geografischer Informationssysteme (GIS-Daten) vorliegen. Die Regelung soll ein effektives Monitoring der Flächenausweisungen für die Windenergie an Land ermöglichen.

Der Gesetzentwurf enthält ferner Änderungen der mit dem Gesetz zur Änderung des Energiesicherungsgesetzes und anderer energiewirtschaftlicher Vorschriften vom 8. Oktober 2022 eingeführten Ergänzungen des § 245e BauGB, die präzisiert werden sollen, ohne den Regelungsgehalt zu verändern.

Formulierungshilfe

Am 29. März 2023 hat das Bundeskabinett eine Formulierungshilfe für einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen zu o.g. Gesetzentwurf (BT-Drs 20/5663) beschlossen. Auch zu der Formulierungshilfe hat das BMWSB eine Länder- und Verbändebeteiligung durchgeführt.

Neben rechtsförmlichen Anpassungen, die der Bundesrat in seiner Stellungnahme gefordert hat, wurden u.a. die folgenden weiteren dringlichen Änderungen des Baugesetzbuchs sowie der Baunutzungsverordnung aufgenommen:

  • In § 35 Absatz 1 Nummer 9 BauGB soll ein zusätzlicher Privilegierungstatbestand für bestimmte sogenannte Agri-Photovoltaikanlagen neu eingeführt werden. Agri-Photovoltaikanlagen ermöglichen eine gleichzeitige land- oder forstwirtschaftliche bzw. gartenbauliche Nutzung der Flächen. Solche Anlagen sollen künftig auch ohne die vorherige Aufstellung eines Bebauungsplans zugelassen werden können, wenn ihre Grundfläche höchstens 2,5 Hektar beträgt und sie in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang zu einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb oder zu einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung nach § 35 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 BauGB steht.
  • Weiterhin wird vorgeschlagen, in § 246c BauGB in § 246c eine sog. Wiederaufbauklausel im Falle von erheblichen Zerstörungen oder Schädigungen der Bausubstanz nicht nur einzelner baulicher Anlagen einzuführen: Darin sollen die Landesregierungen ermächtigt werden im Katastrophenfall sog. Wiederaufbaugebiete zu bestimmen, in denen die in Absatz 2 abschließend aufgelisteten Abweichungen von den Vorschriften des Baugesetzbuchs und den auf Grund des Baugesetzbuchs erlassenen Vorschriften möglich sind. So soll die Resilienz von Siedlungen gestärkt und die Auswirkungen der Katastrophe auf die Bausubstanz besser bewältigt werden können. Ein Anlass der Regelung ist das Hochwasser im Ahrtal, das zu verheerenden Zerstörungen ganzer Orte und Straßenzüge geführt hat. Die Vorschrift beschränkt sich aber nicht auf Hochwasserkatastrophen, sondern schließt alle denkbaren Katastrophenfälle ein, insbesondere Natur- und Umweltkatastrophen. Es wird erwartet, dass diese aufgrund des Klimawandels häufiger und deren Auswirkungen gravierender werden.
  • Schließlich sollen durch Änderungen in § 31 BauGB sowie der Baunutzungsverordnung die Errichtung und Inbetriebnahme von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie vor allem in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten erleichtert werden.

Am 15. Juni 2023 hat der Deutsche Bundestag den Entwurf in der Fassung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Städtebau, Wohnungswesen und Raumordnung für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen (BT-Drucksache 20/7248) in zweiter und dritter Lesung angenommen. Das Gesetz ist am 6. Juli 2023 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (www.recht.bund.de/eli/bund/BGBl_1/2023/176). Das Inkrafttreten richtet sich nach seinem Artikel 6.