FAQs zum Bau-Turbo
Typ: Häufig nachgefragt
FAQs zum Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung
Was ist bzw. regelt das Baugesetzbuch?
Das Baugesetzbuch (BauGB) definiert die wichtigsten Grundsätze und Verfahrensweisen für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung und soll eine der Allgemeinheit dienende Bodennutzung gewährleisten. Auf welchen Flächen welche Bebauungsformen zugelassen werden, entscheiden die Gemeinden selbst – die Entscheidungsfindung unterliegt aber festen Spielregeln, die vom BauGB – und ergänzend dazu von der Baunutzungsverordnung (BauNVO) – vorgegeben werden.
Was sind die Vorteile des Bau-Turbos (§ 246e BauGB)?
Die neue Vorschrift erlaubt es, vom BauGB und den auf seiner Grundlage erlassenen Vorschriften abzuweichen; das können Bauleitpläne oder andere städtebauliche Satzungen sein. Damit werden in der Gemeinde neue Baurechte geschaffen, und zwar innerhalb des vorhandenen Siedlungsbereichs, aber, soweit noch ein räumlicher Zusammenhang besteht, auch außerhalb. Die Gemeinde muss dafür keinen Bebauungsplan mehr aufstellen oder ändern. Beispielsweise können ein Haus oder ein ganzer Straßenzug nun über die vom Bebauungsplan vorgegebenen Maße hinaus aufgestockt werden, ohne dass der Plan zuvor geändert werden müsste. Oder es kann in innerstädtischen Bereichen, für die es keinen Bebauungsplan gibt, gebaut werden, ohne zuvor einen Bebauungsplan zu erlassen, auch wenn sich das neue Vorhaben nicht im städtebaulichen Sinn in die nähere Umgebung einfügt. Gerade in angespannten Wohnungsmärkten ist potentielles Bauland oft rar. Der Bau-Turbo eröffnet hier neue Spielräume.
Wie vereinfacht und beschleunigt der Bau-Turbo?
Die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans ist ein umfangreiches Verfahren, das nun entfallen kann. Wieviel Zeit die Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans benötigt und wie hoch daher die Zeitersparnis ist, ist sehr einzelfallabhängig. Es kommt auf die Größe des Plangebiets, die Komplexität der konkurrierenden Nutzungsinteressen und auch auf die Personalkapazitäten der Gemeinde an. Aus einem jüngst erstellten Forschungsvorhaben wissen wir, dass Bebauungsplanverfahren einer großen deutschen Stadt im Durchschnitt fünf Jahre dauern. Jetzt kann die Bauaufsichtsbehörde das Bauvorhaben zulassen, wenn die Gemeinde ihre Zustimmung erteilt; dafür hat die Gemeinde zwei Monate Zeit.
Schaffen wir damit nicht wieder städtebauliche Sünden wie in den 1960er und 1970er Jahren?
Nein. Die Baurechte sind an die Zustimmung der Gemeinde geknüpft. Das ist wegen der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie erforderlich. Die Gemeinde kann die Zustimmung verweigern, wenn die geplante Bebauung nicht mit ihren städtebaulichen Vorstellungen übereinstimmt.
Im Übrigen dürfte der Bau-Turbo nicht das richtige Instrument sein, um Großwohnsiedlungen zu erschaffen. Denn Großwohnsiedlungen erfordern auch eine entsprechende Folgeinfrastruktur etwa zum Zwecke der Nahversorgung, Verkehrsanbindung oder ärztliche Versorgung. Um diese angemessen und vollständig zu berücksichtigen ist ein Bebauungsplanverfahren sinnvoll. Aber man könnte mittels des Bau-Turbos mit solchen Vorhaben schon einmal beginnen und die Planung parallel zu Ende führen.
Führt der Bau-Turbo nicht dazu, dass durch weitere Verdichtung die ohnehin schon belastete soziale Infrastruktur noch weiter unter Druck gerät?
Nein. Wird in einem Gebiet mit Hilfe des Bau-Turbos weiterer Wohnraum geschaffen und löst dies Bedarf für neue oder vergrößerte Kindertagesstätten, Schulen oder sonstige Anlagen für soziale oder kulturelle Zwecke aus, können auch solche Vorhaben auf Grundlage des Bau-Turbos zugelassen werden. Voraussetzung ist, dass die neuen Einrichtungen den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohnern der mit dem Bau-Turbo neu geschaffenen Wohnungen zugutekommen.
Was ist mit der Kritik, dass Umweltschutzbelange, z. B. Flächensparsamkeit, hinten runterfallen?
Der Bau-Turbo gilt nicht schrankenlos. Von ihm darf nur in erforderlichem Umfang Gebrauch gemacht werden. Zudem darf im Außenbereich nicht auf der völlig grünen Wiese gebaut werden, sondern nur als räumliche Fortentwicklung von bereits bestehender Bebauung. Die umwelt- und naturschutzrechtlichen Regeln gelten im Übrigen uneingeschränkt.
Was ist mit der Kritik, dass die Bürgerbeteiligung zu kurz kommt?
Die Gemeinde kann im Rahmen ihrer Entscheidung über die notwendige Zustimmung auch ihre Bürgerinnen und Bürger beteiligen. Das wird im neuen § 36a BauGB, der das Verfahren dieser Zustimmung klarstellend regelt, ausdrücklich betont.
Was hat es mit den parallelen Änderungen in § 31 Abs. 3 und § 34 Abs. 3b BauGB auf sich?
Der Bau-Turbo § 246e ist eine Art Experimentierklausel. Diese flankieren wir mit Änderungen in zwei bestehenden Paragrafen (§§ 31 und 34 BauGB), die Ähnliches ermöglichen. § 31 Absatz 3 BauGB ermöglicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans mehr Wohnbebauung auch über die Vorgaben des Plans hinaus. So kann bspw. in ganzen Straßenzügen durch Aufstockung, Anbauten oder Bauen in der zweiten Reihe neuer Wohnraum geschaffen werden.
Mit § 34 Absatz 3b BauGB ermöglichen wir im unbeplanten Innenbereich nun – über die bestehenden Möglichkeiten in Absatz 3a hinaus – auch die Neuerrichtung von Wohngebäuden dort, wo sie sich nicht in den Bebauungszusammenhang einfügen.
Wie bei § 246e BauGB ist auch bei § 31 Abs. 3 und § 34 Abs. 3b BauGB die Zustimmung der Gemeinde erforderlich. Die Abweichungen sind spezifischer gefasst als § 246e BauGB, gelten dafür aber unbefristet. Erfahrungsgemäß dauert es eine Weile, bis die Praxis Berührungsängste gegenüber ganz neuen Vorschiften abgebaut hat. Änderungen von schon bekannten Vorschriften erschließen sich leichter. Dies soll die Wirkung der Vereinfachungen nochmals auf andere Weise sicherstellen.
Was hat das Lärmschutzthema mit dem Bau-Turbo zu tun?
Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, im BauGB neue Regelungen zum Lärmschutz einzuführen. Zwar steht der Lärmschutz nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau-Turbo, trotzdem ist er ein bedeutendes Thema für die Vereinfachung des Wohnungsbaus insgesamt. Viele Flächen können nicht als Wohnungsbauland erschlossen werden, weil sie zu nah an lärmemittierende Gewerbebetriebe heranrücken. Die Thematik ist bisher ausschließlich in der TA Lärm geregelt (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, eine Verwaltungsvorschrift auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes). Wir wollen nun im BauGB gesetzlich anordnen, dass der Lärmschutz auch auf andere Weise als durch Beachtung der TA Lärm gewährleistet werden kann, nämlich durch für den städtebaulichen Einzelfall passgenaue Festsetzungen im Bebauungsplan. So können im Bedarfsfall beispielsweise die für allgemeine Wohngebiete geltenden Immissionsrichtwerte an das Niveau in Mischgebieten, die neben dem Wohnen auch gewerbliche Nutzungen enthalten, angehoben werden. eine Erhöhung der Immissionsrichtwerte kann zusätzlich auch mit der Festsetzung moderner Schallschutzvorkehrungen an der Wohnbebauung (bspw. sog. "Hamburger Fenster") kombiniert werden. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sind stets zu wahren.
Heißt das jetzt: alles geht?
Nicht ganz. Was durch den Bau-Turbo nicht entfällt ist insbesondere die Notwendigkeit eines bauaufsichtlichen Verfahrens, dessen Anforderungen sich nach der Bauordnung des jeweiligen Landes richten. Zudem sind die materiellen Vorgaben der jeweiligen Landesbauordnung, also die landesrechtlichen Regelungen zu Abstandsflächen, Brandschutz oder Standsicherheit, zu beachten.
Was bedeutet der sogenannte Umwandlungsschutz (§ 250 BauGB)?
In entsprechend ausgewiesenen Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten dürfen Mietwohnungen in einem Mehrfamilienhaus nur unter bestimmten Voraussetzungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Aufgrund des anhaltend angespannten Wohnungsmarktes und zum Schutz des Bestandes an Mietwohnungen soll diese ursprünglich bis Ende 2025 befristete Regelung nun verlängert werden. Die Kommunen können somit den entsprechenden Genehmigungsvorbehalt bis zum 31. Dezember 2030 weiter nutzen und ihren Bestand an Mietwohnungen dort schützen, wo der Mietwohnungsmarkt nicht funktioniert.
Das Bauministerium hatte in der letzten Legislatur ja schon einen Gesetzentwurf vorgelegt, in dem der Bau-Turbo, aber auch weitere Erleichterungen für den (Wohnungs)Bau enthalten waren. Was ist damit?
Im Koalitionsvertrag haben wir vereinbart, dass BauGB in zwei Schritten zu novellieren: in den ersten 100 Tagen den Bau-Turbo, dann eine umfassende Überarbeitung von BauGB und BauNVO. Die erste Novelle beschränken wir bewusst auf den Bau-Turbo, einschließlich der flankierenden Regelungen in § 31 Absatz 3 und § 34 Absatz 3b BauGB, um das Verfahren nicht zu verkomplizieren und damit zu verlangsamen. Die übrigen Vorschläge werden wir aber zügig ebenfalls wieder einbringen, einschließlich der für die Innenstadtentwicklung wichtigen Änderungen (Öffnung des bauplanungsrechtlichen Kerngebiets nach § 7 BauNVO für das Wohnen; sog. "Innovationsklausel", mit der Bebauungspläne rascher auf die aktuelle Fassung der BauNVO umgestellt werden können).