Die wissenschaftliche Erforschung der nationalsozialistischen Institutionen und ihres Personals ist Teil unserer historischen Verantwortung. Aus diesem Grund beauftragte die damalige Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Barbara Hendricks, im Jahr 2017 eine Unabhängige Historikerkommission (UHK), um die Verstrickungen der für Planen und Bauen zuständigen Institutionen und Personen, die institutionellen und personellen Kontinuitäten und Brüche in beiden deutschen Staaten nach 1949 in den zuständigen Ministerien zu erforschen.

Aufnahme aus der Ausstellung: Bundesministerin Klara Geywitz bei der Pressekonferenz mit den Mitgliedern der Historikerkommission Aufnahme aus der Ausstellung: Bundesministerin Klara Geywitz bei der Pressekonferenz mit den Mitgliedern der Historikerkommission (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: Henning Schacht

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen: "Die Ergebnisse der Historikerkommission machen deutlich, welche Rolle das Planen und Bauen in einem totalitären System spielt. Es hat im NS-Staat dazu beigetragen, die jüdische Bevölkerung, Sinti und Roma oder politische Gegner aus der Gesellschaft auszuschließen und zu vernichten. Architekten, Städteplaner und Ingenieure haben Vernichtungslager in ihren Büros konzipiert, Ghettos gebaut und die zahlreichen Rüstungskomplexe, Bunker- und Infrastrukturanlagen errichtet. Viele Gebäude aus der NS-Zeit sind heute noch zu sehen, einige wurden umgenutzt oder weiterentwickelt.

Die Historiker beschreiben die alltägliche Arbeit der Baufachleute, die sie zu Mitverantwortlichen gemacht hat. Und sie zeigen eindrücklich die personellen Kontinuitäten nach dem Zusammenbruch des Regimes beim Wiederaufbau und Wohnungsbau.  

Einen großen Dank möchte ich an die Kommission und an die Forschenden richten, die mit ihrer bemerkenswerten und detaillierten Forschungsarbeit dazu beitragen, dass dieses dunkle Kapitel in unserer Geschichte auch aus bauplanerischer Sicht beleuchtet wird."

Ausstellung "MACHT RAUM GEWALT" Dauer: 12:46

Die Unabhängige Historikerkommission hat gemeinsam mit den Forscherinnen und Forschern wesentliche Wissenslücken geschlossen. Die Erkenntnisse helfen, die Voraussetzungen, die Funktionsweise und vor allem die Folgen des Nationalsozialismus im Bereich des Planens und Bauens besser zu verstehen. Sie werfen ein Schlaglicht auf die Vorgeschichte unseres demokratischen Gemeinwesens und zeigen, auf welchem Boden rechtsextremes Denken, rechtsextreme Parteien, Rassismus, Antisemitismus und antidemokratische Einstellungen gedeihen. Dieses Wissen ist wichtig, um Demokratiefeinden in der Gegenwart entgegentreten zu können.

Ausstellung MACHT RAUM GEWALT Planen und Bauen im Nationalsozialismus

Die Ausstellung "MACHT RAUM GEWALT Planen und Bauen im Nationalsozialismus" war vom 19. April bis zum 16. Juli 2023 in den Räumen der Akademie der Künste (AdK) in Berlin zu sehen. Sie beleuchtete das Thema Planen und Bauen während der nationalsozialistischen Herrschaft und untersucht Kontinuitäten und Brüche bis in die Gegenwart. Dabei wurde nicht nur der Zeitraum von 1933 bis 1945 im Deutschen Reich betrachtet, sondern auch die von Deutschland besetzten Gebiete im Osten Europas sowie Querbezüge zu anderen Staaten aufgezeigt.

In sieben Themenbereichen wurden die zentralen Ergebnisse der beauftragten Forscherinnen und Forscher präsentiert, darunter Wohnungs- und Siedlungsbau, Partei- und Staatsarchitektur, Lager, Infrastruktur und planerische Ordnung des Raums, Internationalität, Kontinuitäten im Städtebau und der Architektur in Ost und West nach 1945 sowie die baulichen Hinterlassenschaften der NS-Zeit.

Anhand von 150 Kurzbiografien sowie durch Ausblicke auf das Bauen in Ost und West nach 1945 wurden zudem die vielfältigen personellen, institutionellen und konzeptionellen Zusammenhänge und Kontinuitäten vor und nach 1945 offengelegt.

Zentrale Kernbotschaften der Ausstellung

Der Ort der Ausstellung ist bewusst gewählt. Das Gebäude der AdK am Pariser Platz 4 war von 1937 bis zu seiner Teilzerstörung 1945 Sitz des "Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt" Berlin, Albert Speer.

Die Ausstellung wird präsentiert in Kooperation mit der Akademie der Künste, Berlin. Kurator der Ausstellung ist Dr. Benedikt Goebel. Er wurde beraten durch Prof. Dr. Harald Bodenschatz und Dr. Angelika Königseder.

Begleitprogramm

Die Ausstellung wurde begleitet mit Symposien, Führungen, Bildungsangeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Darüber hinaus hatte die Akademie der Künste ein Veranstaltungsprogramm mit Diskussionsrunden, Konzerten und Lesungen entwickelt. Eine Filmreihe aus Dokumentar- und Künstlerfilmen, entstanden zwischen 1961 bis 2019, wurde während der Laufzeit der Ausstellung täglich gezeigt.

Aufnahme aus der Ausstellung von einem Projekt mit Schülerinnen und Schülern, wie sie ihre Stadt planen würden Aufnahme aus der Ausstellung von einem Projekt mit Schülerinnen und Schülern, wie sie ihre Stadt planen würden (Vergrößerung öffnet sich im neuen Fenster) Quelle: BMWSB

Katalog zur Ausstellung

Cover vom Katlaog zur Ausstellung

Der Katalog "MACHT RAUM GEWALT - Planen und Bauen im Nationalsozialismus" ist in deutscher und in englischer Sprache erschienen. Aktuell ist der Katalog vergriffen.

  • 320 Seiten, 420 Abbildungen
  • ISBN 978-3-88331-254-5 (DE)
  • ISBN 978-3-88331-255-2 (EN)
  • 20,00 Euro

Publikation

4 Bücher im Schmuckkarton

Die vierbändige Publikation "Planen und Bauen im Nationalsozialismus: Voraussetzungen, Institutionen, Wirkungen" ist im Hirmer Verlag, München erschienen:

  • 4 Bände im Schmuckschuber insg. 1320 Seiten
  • 1000 Abbildungen und Pläne in Farbe
  • 22 × 31 cm, gebunden
  • ISBN: 978-3-7774-4114-6
  • 270,00 Euro (D) / 277,60 Euro (A)

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